
Endspurt mit Hindernissen
Montag Abend, zwei Tage vor Abfahrt: Christoph und ich schrauben (wie eigentlich fast jeden Tag seit Januar), am Truck, installieren noch geschwind den Safe, packen Kisten, stellen den Gaszug nach...Dinge die eben so unmittelbar vor der Abfahrt noch zu tun sind. Klaus, der eigentlich mit der Organisation der Challenge gar nicht befasst ist und nur auf einen Kaffee bei uns Schraubern vorbeischaut um dem grauen Rafting-Alltag zu entfliehen, schlendert vorbei und begutachtet unser Treiben. Während wir uns im Schweiße unseres Angesichtes mit den letzten technischen Herausforderungen plagen, fällt Klausi nichts Besseres zu sagen ein als:"Ihr wisst aber schon, dass der Wagen kein TÜV mehr hat?"
"Sehr witzig!" denke ich mir einen kleinen Scherz erwartend, "Der Wagen war ja erst im Dezember bei TÜV, kann also gar nicht sein." Doch Klausi bleibt hartnäckig: "Is kein Scherz Leute, hier steht April 2011." Schock, schweigen, denken. "Kann doch nicht sein?".
Christoph und ich eilen unter dem Truck hervor und kommen hinter den Truck um Klausi zu zeigen, wie man ordentlich eine TÜV-Plakette abliest. Mit selbstsicherem Lächeln bauen wir uns vor ihm auf. Doch dann, zwei ungläubige Augenblicke später: Tatsache - April 2011!
„Das kann doch gar nicht sein, der Wagen war doch erst im Dezember!...aber Moment, langsam dämmert es uns, Klar, der Wagen war beim TÜV, doch davor war er eine ganze Weile stillgelegt. Ungefähr seit April 2010. Und wie das so in diesem Lande ist, es wird einem Nix geschenkt. Nicht mal abgelaufene TÜV-Monate. Bei der TÜV Prüfung im Dezember gabs also nur die nächsten fünf Monate bis zur nächsten HU im April - und keineswegs das ansonsten für LKW übliche ganze Jahr.
Wie konnte uns das durchgehen? Seit Januar schrauben wir Tag für Tag am Auto, stehen quasi die ganze Zeit vor der verhängnisvollen Plakette - und merken nix! Man sieht nur, was man auch sehen will. Und das jetzt, zwei Tage vor Tourstart. Ok, was nun? Wir haben noch zwei Tage bis zur Abfahrt, das sollte zu schaffen sein. Also am morgigen Dienstag, nachdem der Wagen beim Beschrifter war, noch ab zum TÜV. Jetzt erst mal Feierabend, der TÜV hat eh schon zu, und es bleibt das Beste für den morgigen Dienstag hoffen. Christoph nimmt den Wagen mit nach Hause um am Dienstag die Runde zu drehen.
Den Dienstag Morgen verbringe ich mit bangem Hoffen. Dann, gegen 16h00 am Dienstag Nachmittag, klingelt das Telefon. Christoph ist dran. „Und?“ frage ich nervös. „Kein TÜV!“ kommt die prompte Antwort. Schweigen. Horrorszenarien ziehen vor meinem geistigen Auge auf, abgesagte Korsikawochen, entzürnte Teilnehmer. Ein krächzendes „Wieso?“ ringe ich meiner staubtrockenen Kehle ab. „Die Bremsen haben sich verstellt, wir müssen wohl nochmal zur Werkstatt. Das wird aber heute nichts mehr – zu spät. Am besten Du machst gleich einem Termin für Morgen früh um sieben.“
Jetzt wird es also richtig eng. Ein säuselndes, von Satzstücken wie „Wir sind doch schon so lange Stammkunde“ und „Wir wissen ja Ihr seid die beste Werkstatt der Welt“ und „Bitte, bitte ,bitte wir machen auch alles was Ihr wollt“ geprägtes Telefonat später haben wir den Termin: Mittwoch morgen 07h30, der Truck soll bis spätestens 12h00 fertig sein. Inclusive TÜV. Zur Erinnerung, die Abfahrt ist für Mittwoch 22h00 Uhr angesetzt.
Die Nacht schlafe ich schlecht. Ich träume von nicht auf die Schnelle lieferbaren Bremsbelegen, abgerissenen Bremsleitungen und anderen Sachen, an die ich nur verschwommene Erinnerungen habe.
Mittwoch Morgen: Heute kommt Markus, unser Fahrer für die drei Wochen Korsika. Er begrüßt mich freudestrahlend mit einem „Wo ist denn das gute Stück?“... „Ähm, nun ja, also, theoretisch können wir Ihn gleich abholen...Kaffee?“ Sechs Tassen Kaffee später kommt der erlösende Anruf der Werkstatt. Der Truck ist fertig, hat TÜV, alles wird gut.
Kurz drauf steht der Wagen auf unserem Zechengelände. Jetzt heißt es nochmal richtig reinhauen, Kisten umpacken, Zurrgurte anbringen, mal eben nach Lettmann nach Moers fahren um die letzten, noch warmen, Sponsor-Boote einzusammeln, alles verstauen, Checklisten durchgehen....
Und dann, Punkt 22h00 am Mittwoch Abend, verlässt der Truck mit Picco, Markus und Jochen den Hof nach Korsika. Endlich!
Keine acht Stunden später klingelt mein Telefon. Picco, der Kanulehrer ist dran:... doch davon später mehr...